Vereinsknowhow - Kurzinfo:
Umsatzsteuerpflicht für Mitgliedsbeiträge?

7.10.2008

In jüngerer Zeit hat die deutsche Rechtsprechung mit Bezug auf die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie der EU und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die Umsatzsteuerpflicht von Mitgliedsbeiträgen bejaht. Danach können Mitgliedbeiträge der Umsatzsteuer unterliegen, weil sie ein - wenn auch pauschales - Entgelt für Leistungen des Vereins darstellen. Da der deutsche Gesetzgeber das europäische Recht noch nicht vollständig umgesetzt hat, ergibt sich für Vereine bisher noch keine zwingende Umsatzsteuerpflicht. Sie können sich aber auf EU-Recht berufen, wenn sie - wohl in seltenen Fällen - Umsatzsteuer erheben wollen, um im Gegenzug den Vorsteuerabzug geltend zu machen.
Klarstellen muss man vorab: Voraussetzung für eine Umsatzsteuerbarkeit der Beiträge ist immer, dass der Verein für seine Mitglieder Leistungen erbringt und sich die Zahlung der Beiträge auf diese Leistungen bezieht. Das gilt natürlich nur für bestimmte Vereine. Typisch dafür dürften folgende Sparten sein:

  • Sport
  • Tier- und Pflanzenzucht, Kleingärtnerei
  • Kultur und Bildung
  • Brauchtumspflege, besonders Karneval

Leistungen an Mitglieder (die über die Beiträge abgegolten werden) können hier z. B. sein: Überlassung von Sportanlagen, Teilnahme an Kursen, Eintritt zu Veranstaltungen.


Echte und unechte Mitgliedsbeiträge

Schon bisher galten nicht alle Zahlungen, die ein Verein im Rahmen der mitgliedschaftlichen Verpflichtung erhält, als umsatzsteuerfrei. Es können darunter auch steuerbare Leistungsentgelte sein - sogenannte unechte Mitgliedsbeiträge. Die Frage der Umsatzsteuerbarkeit drehte sich deswegen bisher um die Abgrenzung von echten und unechten Beiträgen.

Die Umsatzsteuerrichtlinien (UStR, R 4) treffen dazu folgende Unterscheidung

  • Wird eine Vereinigung zur Erfüllung ihrer den Gesamtbelangen sämtlicher Mitglieder dienenden satzungsgemäßen Gemeinschaftszwecke tätig und erhebt zur Erfüllung dieser Aufgaben echte Mitgliederbeiträge, fehlt es an einem Leistungsaustausch mit dem einzelnen Mitglied.
  • Erbringt die Vereinigung dagegen Leistungen, die den Sonderbelangen der einzelnen Mitglieder dienen, und erhebt sie dafür Beiträge entsprechend der tatsächlichen oder vermuteten Inanspruchnahme ihrer Tätigkeit, so liegt ein Leistungsaustausch vor.

Werden die Zahlungen also je nach Inanspruchnahme der Leistung gestaffelt, liegt ein unechter Beitrag vor. Der Verein erbringt seinen Mitgliedern gegenüber konkrete Einzelleistungen, deren Nutzen dem einzelnen Mitglied zugute kommt. Der Maßstab des Mitgliedsbeitrages muss von dem möglichen Eigennutzen der Mitglieder abhängig sein (Finanzgericht Hamburg, 25.03.2002, VII 245/99).

Erfolgen die Zahlungen ohne Rücksicht auf den Umfang der erhaltenen Leistung und ihrer wirklichen Nutzung, handelt es sich um echte Mitgliedsbeiträge, also nicht um ein Leistungsentgelt.
Für echte Mitgliedsbeiträge gilt:

  • Ihre Höhe muss entweder für alle Mitglieder gleich sein
  • oder es muss eine für alle Mitglieder verbindliche (Satzungs-)Regelung zur Berechnung der Beitragshöhe bestehen.

Mitgliedsbeiträge dürfen also durchaus unterschiedlich hoch sein. Der Bemessungsmaßstab muss aber von den genutzten bzw. verfügbar gemachten Leistungen unabhängig sein. Zulässig ist also z. B. eine Staffelung nach Alter, Beruf, Vermögenslage, Einkommen. Auch der mitgliedschaftliche Status (z. B. aktives Mitglied, Fördermitglied) wäre ein zulässiger Grund für die Beitragsdifferenzierung, solange er nicht unmittelbar mit den Leistung die das Mitglied erhält korrespondiert.


Die neue Rechtsauffassung

Die Rechtsmeinung hat sich nicht grundsätzlich geändert. Neu ist im Wesentlichen nur die Auffassung, dass es bei der Steuerbarkeit nicht darauf ankommt, dass die Beiträge pauschal bezahlt werden und ob die Mitglieder die vom Verein gebotenen Vorteile tatsächlich in Anspruch nehmen.
Die bisherige Rechtauffassung zur Umsatzsteuerbarkeit von Mitgliedsbeiträgen hat der BFH mit seinen Urteilen vom 9.08.2007 (V R 27/04) und 11.10.2007 (V R 69/06) aufgegeben.
Damit sind Mitgliedsbeiträge dann umsatzsteuerbar, wenn sie dafür bezahlt werden, dass das Mitglied Zugang zu bestimmten Leistungen des Vereins erhält. Das gilt auch dann,

  • wenn es sich um Pauschalbeträge handelt, die keiner konkreten Einzelleistung zugeordnet werden können
  • wenn das Mitglied die Leistungen gar nicht in Anspruch nimmt.

Steuerbare Leistungen des Vereins liegen schon dann vor, wenn er seinen Mitgliedern dauerhaft Vorteile zur Verfügung stellt, und nicht erst, wenn er auf Verlangen einzelner Mitglieder gezielt Leistungen erbringt. Bereits dann besteht der wechselseitige Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung, der nach § 1 UStG für einen Leistungstausch erforderlich ist.

Praktische Folgen

Für Vereine hat die neue Rechtsauffassung keine zwingenden Folgen. Da die EU-Vorgaben nicht in deutsches Recht umgesetzt sind, gelten grundsätzlich weiter die bisherigen Regelungen. Vereine können sich aber auf die EU-Vorgaben berufen, wenn sie Umsatzsteuer auf ihre Beiträge erheben wollen. Das ist in der Regel nur dann sinnvoll, wenn im Gegenzug der Vorsteuerabzug genutzt werden soll - meist in Zusammenhang mit dem Bau großer Anlagen.
Für viele Leistungen von gemeinnützigen Vereine gelten aber Umsatzsteuerbefreiungen (vor allem § 4 Nr. 18 bis 25 UStG). Damit wird eine Umsatzsteuererhebung auf Beiträge meist nur geringe Auswirkungen haben.

Weitere Informationen zur Umsatzsteuer und Umsatzsteuerbefreiungen für Vereine finden Sie im Artikel "Umsatzsteuer" im Online-Handbuch (Abo-Bereich).

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